Start-ups aus Sicht der Investoren: "In erster Linie geht's ums Team"

  • Future of Work
  • 16 Dec 2016
  • 6 min

Nina Wöss hat beim österreichischen Kulturforum in New York gearbeitet, im Kunsthistorischen Museum in Wien und sah ihre Zukunft klar in der Kulturbranche. Doch dann kam sie über ein Praktikum zu Speedinvest – und blieb. Ein Investmentfond der auf „Early Stage Financing“ spezialisiert ist, spannender könne es kaum werden.

SETTING: Was genau macht deine Arbeit so spannend?

NINA: Die Menschen! Zu sehen, wie sich Teams verändern und wie die einzelnen Personen Produkte, Services oder Leistungen neu erfinden und so die Welt im kleinen, und theoretisch auch im Größeren, verändern. Das ist unglaublich spannend.

SETTING: Hast du ein konkretes Beispiel?

NINA: Wir haben vor vier Jahren in Shpock investiert. Damals gab es Ebay und Willhaben, also Browser- und Desktop-basierte Möglichkeiten Dinge online zu verkaufen, aber es gab nichts fürs Smartphone. Eines der häufigsten Feedbacks war „aber wer braucht denn das?“. Vor kurzem war ich auf dem Demo Day von Axel Springer und dort hat ein Start-up Shpock als einen der etablierten Player erwähnt, die es aufzuholen gilt. Das war schon cool.

SETTING: Du triffst Start-ups in ganz frühen Phasen. Worauf achtest du?

NINA: Ich schaue wie sie ihre Idee kommunizieren, ob ich versteh was sie machen wollen und wo sie stehen. Für uns als Fond ist es interessant, wenn es das Produkt oder die Leistung schon gibt. Das heißt die Frage ist auch, ob sie schon am Markt sind oder es bereits Testkunden gibt. Wenn ich die Idee spannend finde, ist der nächste Schritt die Leute persönlich zu treffen. Und dann kommt es ganz darauf an, ob man ihnen zutraut das, was sie vorhaben, auch wirklich umsetzten zu können. Ob sie die Ausdauer haben, das Wissen, oder die Fähigkeit sich das Wissen anzueignen. Und, ob die Gründer zueinander passen. In erster Linie geht’s ums Team, in zweiter Linie ums Produkt.

SETTING: Gibt Dos and Don'ts bei diesen Treffen?

NINA: Do: Transparenz! Offen sein, transparent sein, Fragen stellen. Man kann auch dem Investor Fragen stellen um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob man selbst verstanden wird oder nicht. Aber ansonsten gibt’s gar nicht so viel.

SETTING: Und gibt’s klassische Fehler in der Early Stage die du beobachtest?

NINA: Wichtig ist bald genug zu wissen, wann man wieder anfangen muss zu fundraisen. Manchmal rufen Start-ups an und sagen „In vier Wochen das Konto leer und wir können die Löhne nicht mehr zahlen“. Das hört man nicht gerne. Wenn man’s aber früh genug weiß, kann man rausgehen um weitere Investoren zu suchen. „Always be fundraising“ stimmt schon. Abgesehen davon ist es ein Fehler beim Team zu sparen. Besser man holt sich richtig gute Leute. Denn im Endeffekt sind sie es auch, die das Ganze tragen. Oder auch zu Fall bringen können. Wenn kurz vor der nächsten Runde der CTO abspringt, muss nicht mal wer aus dem Gründerteam sein, es gibt ja auch sonst viele wichtige Positionen, kann das zu Verzögerungen führen und die Investoren skeptisch werden lassen. Eine hohe Fluktuation sagt ja auch was über das Gründer- oder Führungsteam aus.

SETTING: Die richtigen Leute zu finden kann mitunter lange dauern.

NINA: Ein gutes Team aufzustellen ist essentiell. Juniors anzustellen ist gut, aber manchmal braucht man Menschen mit Vorerfahrung. Die sind natürlich oft vom Gehaltslevel her weiter fortgeschritten, oder schwieriger zu erreichen, aber unterm Strich zahlt es sich aus, Zeit dafür zu verwenden und die Mitarbeiter als größten Kostenblock zu definieren. Das ist in der frühen Phase wahrscheinlich am sinnvollsten. Die falschen Leute reinzusetzen wird man immer bereuen. Das ist ein Ressourcenverlust, ein Zeitverlust und im Endeffekt auch ein monetärer Verlust. Also es zahlt sich absolut aus darauf zu achten, dass man die richtigen Leute findet.

SETTING: Geht mit den richtigen Leuten mehr?

NINA: Ja! Bei manchen Teams ist es ganz spannend zu sehen, wie sie sich entwickeln. Wenn wir investieren haben die Start-ups meistens 6, 7 Leute. Dann kann es schnell gehen. Manche haben mittlerweile vierzig, fünfzig Mitarbeiter. Und das ist eben auch schön, wenn man dann sagen kann, wir haben dazu beigetragen, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden, volkswirtschaftlich gesprochen. Das ist natürlich nicht nur dank uns, ganz klar, aber es ist schön zu wissen, dass man ein Teil davon ist und dass man so Veränderung anstoßen kann.

SETTING: Apropos Veränderung. Was tut sich in Wien und wie siehst du die beiden Städte Berlin und Wien im Vergleich?

NINA: Berlin und London sind in Europa die wichtigsten Start-up Städte. Wien hat sich super entwickelt. Vor allem in den letzten fünf Jahren ist unglaublich viel passiert. Von der Anzahl der Start-ups, die aus Wien rauskommen, bis hin zur Politik. Zumindest ist das Wort „Start-up“ ab und zu mal auftaucht... Was in Wien gut funktioniert ist die erste Finanzierung. Aber dann, und das ist der große Unterschied zu Berlin, wenn Angels oder Seedinvestoren investiert haben, gibt es in Österreich für Start-ups nichts mehr. Dann müssen sie Geld aus dem Ausland akquirieren. Das ist prinzipiell nicht schlecht, kann aber dazu führen, dass die Start-ups abwandern beziehungsweise, dass das System nicht weiter reift. Während in Berlin die Investoren auf Series A und später fokussiert sind. Aber ganz klar, Berlin ist größer, internationaler und man tut sich leichter Leute zu finden, auch als Mitarbeiter oder Berater. Wobei das wiederum dazu führt, dass die Leute häufiger zwischen Start-ups hin und herspringen. Ich glaube ja, dass die Loyalität in Berlin niedriger ist. Aber das ist eine sehr subjektive Einschätzung.

SETTING: Gibt es sowas wie Berliner oder Wiener Trends in der Start-up Branche?

NINA: Berlin gilt als B2C Mekka. Wien ist gemischt, geht aber eher Richtung B2B beziehungsweise Tech-lastigeren Start-ups.

SETTING: Und gibt’s was das Berliner Start-ups von Wiener Start-ups lernen können?

NINA: Ich glaube, dass eher die Wiener Start-ups noch einiges von Berlin lernen können. Einfach weil Berlin internationaler ist und in manchen Dingen professioneller. Das nette in Wien ist, dass sich jeder kennt, aber dann kommt man genau wieder in diese Verhawarungs-Geschichte rein. Aber der Austausch mit Berlin erfolgt. Es lesen sowieso alle dieselben Blogs, dieselben Bücher, man trifft sich auf denselben Events. Also die Kultur innerhalb der einzelnen Szenen ist sehr ähnlich. Das klassische Wiener oder Berliner Start-up gibt es nicht. 

SETTING: Apropos Buch, hast du einen Empfehlung?

NINA: The Hard Thing About Hard Things! Von Ben Horowitz! Sehr hands-on!

SETTING: Neben deiner Arbeit bei Speedinvest hast du Anfang des Jahres auch eine Female Founders Initiative mitbegründet.

NINA: Frauen sind in der Start-up Welt ganz klar in der Minderheit. Das Verhältnis liegt nicht etwa bei 40 zu 60 Prozent, sonder eher bei 15 zu 5. Auf den Podien sieht man das noch deutlicher, man sieht es bei den Event-Teilnehmerinnen und bei den Gründerinnen selbst.

SETTING: Es heißt immer Frauen für Events zu finden sei so schwierig.

NINA: Zum Auftakt der Female Founders Initiative haben wir ein Event veranstaltet, bei dem ausschließlich Frauen pitchten. Die Qualität war super, es gab genügend Bewerberinnen und es gibt genug Jurorinnen, die auf hohem inhaltlichem Niveau was beitragen können. Frauen als Speakerinnen, Gründerinnen oder Jurorinnen gibt’s. Sie sind nur häufig unter dem Radar. Teilweise leider auch, weil sie, das muss man ehrlich sagen, zu schüchtern sind. Aber wenn jemand sagt „Wir haben für unser Event keine Frau gefunden!“ ist das eine Ausrede. Dann hat man in den falschen Channels geschaut oder es halbherzig versucht. Manchmal muss man eben von den üblichen Pfaden etwas abweichen.

SETTING: Worum geht es bei der Female Founders Initiative genau?

NINA: In Österreich sind 13% aller Gründer im Tech-Bereich weiblich. Das ist viel zu wenig. Es geht darum ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es ein Problem gibt, und gleichzeitig zu zeigen, dass es Lösungsvorschläge gibt. Die Initiative bringt gründungsinteressierte Frauen und Frauen, die frisch gegründet haben zusammen und vernetzt sie. Auch mit potentiellen Geldgeberinnen, Investorinnen, oder erfahrenen Gründerinnen die Feedback geben können oder mitarbeiten wollen. Die Frauen sollen sehen, dass es möglich ist, dass Gründen keine „Rocket Science“ ist. Natürlich gehört Courage dazu, aber die kann man lernen aufzubringen. Dabei wollen wir Frauen unterstützen.

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